Unverzichtbar
Wolfgang Jeschke ist es gelungen, entgegen der zunehmenden ökonomischen Misere in den deutschen Science-fiction-Verlagen (Heyne streicht ein Drittel seines SF&F-Programms, Goldmann streicht SF im Sommer komplett) ein wertvolles Hilfsmittel für alle ernsthaft an SF Interessierten zu produzieren. Der für ein Taschenbuch stolze Preis ist durch den Gehalt wie auch den enormen Umfang voll gerechtfertigt. Da Heyne vor kurzem erst eine Komplettübersicht über sein … mehrSF&F-Programm publiziert hat, wurde diesmal das obligate update zu den Heyne-Neuerscheinungen des vergangenen Jahres weggelassen. Der Band eröffnet mit den gewohnt umfangreichen Überblicken über das, was im phantastischen Genre in Deutschland, Großbritannien und den USA produziert wurde. Dies macht etwa ein Viertel des Bandes aus. Absolut unverzichtbar, was Hermann Urbanek da an Fakten zusammengetragen hat. Dies erspart die Lektüre eines ganzen Regals voll einschlägiger Magazine. Neben den Preisen des Genres werden noch etliche andere Szeneaktivitäten journalistisch abgedeckt: die Szene in Südamerika, World-Conventions usw. Danach folgen Beiträge in den verschiedenen medialen Formen des Genres: Film/TV, Spiele, Hörspiel (der einzige Überblick im deutschen Sprachraum) und Musik. Ausführliche Interviews mit Autoren wie Norman Spinrad (Heyne hat seinen Roman He walked among für nur 1 Dollar gekauft), Arthur C. Clarke oder Doris Lessing gewähren wertvolle Einblicke in die Gedanken der älteren Autorengeneration, Gespräche mit Newcomern wie Sharon Shinn ergänzen sie. Die obligaten Rezensionen schließen den Band ab -- mit diversen Fehlern: So nennt Urbanek den Roman Solarstation von A. Eschbach irrtümlich Solarisation. Aber das ist bei weitem nicht alles. Das Herzstück des Jahrbuchs ist etwas, das nicht jeden interessiert: Science und die Grundlagen für Science-fiction. Acht Beiträge, darunter einer von Nestor Brian Aldiss, beschäftigen sich mit islamischer SF, Utopia, Simulation und Illusion sowie Chips im Kopf -- eine bunte Mischung. Wer weiß, ob es gelingt, das "SF-Jahr 2000" zu produzieren. Entgegen aller Zweifel, die Wolfgang Jeschke in seinem menetekelhaften Vorwort weckt, ist es stark zu hoffen. --Michael Matzer weniger