Raymond Marks, Teenager und Titelfigur in Der Fliegenfänger , hat nicht gerade das erlebt, was man eine gut behütete, glückliche Kindheit nennen könnte. Dennoch ist er bis zu den Ereignissen, die sein Leben verändern, ein normaler Junge einer normalen Familie in einer normalen Stadt. Der ausschweifende Vater hat die Familie früh verlassen, und so lebt Raymond, der in Jean-Paul Sartre vernarrt ist, allein mit seiner streitsüchtigen Mutter und der Großmutter. Als er … mehreinen Jungen vor dem Ertrinken bewahrt, gehört ihm fünfzehn Minuten lang der ganze Ruhm. Bis sich herausstellt, dass Raymond und andere Schulkameraden am nahen Kanal "Fliegen fischen", ein harmloses, von Eltern und Lehrern jedoch tragisch missverstandenes Spiel. Auf Vorschlag seines verachteten Onkels Jason wird Raymond in den "Gulag Grimsby" verbannt. Dort verarbeitet Raymond die erduldeten Schmähungen und Verleumdungen in einer Reihe von Briefen an sein Idol Morrissey, den ehemaligen Star der Band The Smiths. Mit der Zeit stellt er fest, dass es "einemillionprozentig in Ordnung ist, nicht normal zu sein". Mit diesen Briefen gewinnt Raymond das Herz des Lesers -- und das ist dem Autor Willy Russell zu verdanken. Er versteht es, banale und tragische Beschreibungen und Situationen so nah an die Grenze des Karikaturistischen zu bringen, dass sie zuweilen komisch wirken -- ohne den jeweiligen Ernst der Situation ins Lächerliche zu ziehen. Jedoch wird die Art und Weise, wie Russell dem Leser seine Hauptfigur nahe bringt, nicht jedermanns Sache sein. Dem einen oder anderen mag es zu intim sein, erfährt man doch alles über Raymond Marks aus seinen zutiefst persönlichen Briefen -- es gibt keine Distanz. Anrührend, spannend und lesenswert ist dieses Debüt jedoch auf jeden Fall. --Jörg Thatje weniger