Noch bevor die Geschichte losgeht, vor dem Titel, steht schon fast alles da: "Produkt- und Politikernamen bezeichnen keine real auf dem Markt existierenden Erzeugnisse, sondern ausschließlich dem Einzelverstand induktiv aufgezwungene Projektionen von Elementen des wirtschaftspolitischen Informationsraumes...". So klingt das etwa, wenn der Werbetexter Babilen Tatarski das neue Russland erklärt. Kleiner Vorspann zur bitteren Satire auf das erste postkommunistische … mehrJahrzehnt der freien Wirtschaft. Nun, eigentlich ist Tatarski Dichter. Und er wäre kein echter Russe, wenn er sich nicht Gedanken machen würde über die Seele seines Landes. Aber er braucht Geld, und Werbekonzepte verkaufen sich besser als Gedichte. Und er hat Erfolg. So gerät er auf seinen Wegen von Kampagne zu Kampagne an eine Truppe von Hightech-Ganoven, die das gesamte politische Geschehen fürs Fernsehen auf Hochleitungsrechnern simulieren und prächtige Werbegewinne einstecken. Jelzin, Sjuganow und Co. als einziger grosser Motion-capturing-Schwindel. Probleme gibt's nur, wenn der grosse Hardware- und Ideologie-Provider USA wieder einmal die Rechnerleistung drosselt. Viktor Pelewins vierter Roman, in seiner Heimat eines der meistdiskutierten Bücher, handelt vom Ausverkauf der "russischen Idee" ans Marketing: Werbung, Weltbild, Wirklichkeit. Das Buch zur Jahrzehntfeier westlicher Markenkultur im rauen Osten ist ein grosses Gleichnis der Lebensverhältnisse -- und insofern zutiefst russisch. Was Generation P so lesenswert macht, sind die wilden Gedanken dieses Tatarski. Zwischen einer hochtrabenden Theorie des Medienkonsums und hinreißend beknackten Werbesprüchen quillt aus diesem Buch so etwas wie die Wahrheit -- für drüben wie hüben. In dem riesigen Bilderrahmen, in dem früher der Generalsekretär steckte, hängt bei Pelewin die US-Flagge. Drunter steht: "One size fits all". --Nikolaus Stemmer weniger