Einen treffenderen Titel für ein Buch über Depressionen kann es nicht geben. Genauso fühlt er sich an, der "Infarkt der Seele", genauso kommt sie daher, die "Dame in schwarz". Es ist, als stößt dich jemand aus einem prächtigen Farbfoto hinein in ein vergilbtes Schwarzweißbild. Es ist, als quälst du dich unermüdlich vorwärts mit angezogener Bremse. Du stehst mitten im Leben, doch du gehörst nicht dazu. Es pulsiert und tobt um dich herum, doch nicht für dich und in dir … mehrschon gar nicht. "Das Riechen von Verwesung aus dem vermeintlich leblosen eigenen Körper" lautet die haarsträubenste Beschreibung aus dem Katalog der psychotischen Symptome. Depressionen sind vielschichtig und nicht greifbar. Depressionen sind unberechenbar. Man kann nicht mehr handeln und empfinden, wie man es gewohnt ist. Etwas kaum Definierbares, aber für die Lebensfreude Unersetzliches fehlt. "Stillstand des Lebens... Hemmung des Daseins... lebendig Totsein... ein aufgezwungenes Wüstenerlebnis mitten unter Menschen". Der Tag wird zur Nacht. Wärmflaschen im Hochsommer. In einem -- trotz Depression -- frischen Briefwechsel tauschen sich Ruedi Josuran, Moderator bei Schweizer Radio DRS1, und Verena Hoehne, Fernsehsprecherin und Filmemacherin, über "das Biest" aus, mit dem sie zu kämpfen haben: die Depression. Zwischen den Briefen über Gefühle und Fühllosigkeit, über richtige und falsche Therapeuten, persönliche Durchhaltestrategien, Burn-out-Syndrom, Druck im Beruf, gesellschaftliche Achtung und Ächtung der Krankheit finden sich auch Kapitel von Daniel Hell, Direktor der psychiatrischen Uniklinik Zürich und Depressionsforscher. Er beschreibt das Wesen der Depression, ihre Ursachen und ihre Behandlungsmöglichkeiten. Was vermögen Lichttherapie oder Schlafentzug? Medikamente, ja oder nein? Und was steckt hinter den Suizidgedanken? Trotz aller Nachtmeerfahrten, für Verena steht fest, dass das Leben ihr noch einiges schuldig ist, und auch für Ruedi kommt Suizid nicht in Frage: 'Schließlich muss man im nächsten Leben wieder genau da weitermachen, wo man jetzt aufhören würde'. Wegen der Depression war es schwierig, das Buchprojekt durchzuziehen, doch war am Schluss nicht zu leugnen, dass allein der Austausch über die Krankheit den beiden sehr geholfen hat. Mittendrin und wieder vielmehr dabei. Mit Depressionen leben. --Daphne von Unruh weniger