Seriöse Kunst mit Tiefgang sollte man nicht unbedingt erwarten. Wer auf klassische Musik der leichteren Spielart und glamouröse Showeffekte steht, wird von den drei Tenören jedoch stets zuvorkommend bedient. Auch beim Konzertmitschnitt Paris 1998 gelingt es ihnen denkwürdig, die so genannte E-Musik, vormals eine Angelegenheit für wenige Eingeweihte, zur mehrheitsfähigen Unterhaltung für die Massen zu machen. Was José Carreras, Plácido Domingo und Luciano Pavarotti da im … mehrkulturellen Rahmenprogramm der Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich mit großer Stimmgewalt darboten, das schmeichelt auch dem Ohr von Hörern, die mit opernhaft geschmetterten Arien normalerweise nichts anfangen können. Die Großverdiener unter den Sangesstars haben sich nun mal die Aufgabe gestellt, die Klassik aus den Kulturtempeln herauszuholen und sie fürs Volk auf die Marktplätze zu tragen. Am 10. Juli 1998 haben sie dieses ehrgeizige Ziel mustergültig erreicht. Auf dem Champs-de-Mar, dem Marsfeld unter dem Eiffelturm, trugen sie vor Konzertbesuchern, die 1.500 Francs pro Karte zahlten, sowie 1,3 Milliarden TV-Zuschauern in 75 Ländern ein leicht verdauliches Potpourri beliebter Gassenhauer vor. "Granada", "O sole mio", "You'll Never Walk Alone", "Nessun Dorma" und viele andere immergrüne Melodien brachten sie gemeinsam mit dem Orchestre de Paris unter Leitung von James Levine zu Gehör und machten daraus ein kurzweiliges Spektakel für alle Sinne. Das eindrucksvoll gefilmte Gala-Event besticht nicht nur durch einen akustischen Genuss, sondern auch einem großen Schauwert. --Harald Kepler weniger