Mit der Gewissheit, den Durchbruch bereits geschafft zu haben, wagen die Tausendsasser von Dredg nun einen weiteren Spagat zwischen gefälligem Indie-Rock und Experimental-Musik.
Sie sind Musiker, Maler, Grafiker, Filmkomponisten - den Mitgliedern der US-Band Dredg wohnte schon immer ein ungebremster Wille inne, sich stets neu künstlerisch auszudrücken. "The Pariah, The Parrot, The Delusion" spiegelt dies wider, wie noch kein Album der Kalifornier zuvor.
Laut … mehrDredg-Gitarrist Mark Engles liegt Salman Rushdies Essay "Imagine There's No Heaven..." dem neuen Album zugrunde. Es sei somit eine musikalische Mitteilung an die Zukunft über den Wahnsinn der Moderne, insbesondere Konflikte um Wissenschaft und Religion. Ob dies selbst der größte Rushdie-Fan ohne Hinweis erkannt hätte, sei dahingestellt, Heterogenität und Gegensätze sind in jedem Fall allgegenwärtig. Dabei zeichnen sich in dem musikalischen Geflecht dennoch einige Konstanten ab.
Was die Mehrzahl der 18 neuen Dredg-Titel gemein hat, ist das Wechselspiel zwischen massenkompatiblen Rock-Passagen und verträumt, experimentellen Parts. Exemplarisch dafür ist unter anderem "Light Switch". Sphärische Synthie-Sounds eröffnen den Song, eine verhallte Stimme aus dem Hintergrund kommt dazu, bis plötzlich der Wandel zum bluesigen Rock einsetzt. Es folgt die Steigerung zum opulenten poppigen Höhepunkt woraufhin das Stück zum Ausklang wieder seine Anfangspassagen aufgreift.
Immer wieder trifft man auf analoge Schemen, wenn auch in unterschiedlichster stilistischer Ausprägung. Am experimentierfreudigsten zeigen sich Dredg in "Quotes". Hier reicht die Bandbreite von Balladen artigen Parts über Hip Hop-Einflüsse bis zu Anflügen von Post-Rock. Eindeutig in Richtung Chartsplatzierung schielt "Information" - der geradlinigste und gefälligste Song des Albums. Emotional und einfühlsam wird es hingegen in dem ruhigen, Schlagzeug freien "Cartoon Showroom".
Zu den abwechslungsreichen Titeln gesellen sich auf "The Pariah, The Parrot, The Delusion" kurze Instrumental-Stücke, die eher den Charakter eines Pausenfüllers haben. So ist das anderthalb Minuten lange "Drunk Slide" kaum mehr als ein Gitarren- und Drum-Loop mit elektronischen Sounds und Glocken unterlegt, das nicht zum ganzen Song gereicht hat aber irgendwie noch mit untergebracht werden wollte. Den hörenswertesten Instrumental-Beitrag stellt da noch "Long Days And Vague Clues" dar. Mit massiver orchestraler Instrumentierung wird man an Engles Talent als Filmkomponist erinnert.
Für eine weitere Überraschung sorgen Dredg mit dem musikalischen Vierteiler "Stamps Of Origin", der sich über das Album verteilt. Als "gespenstische, beschwörende Stücke mit Wurzelpiano und Stimme verknüpft" bezeichnet die Band die vier kurzen Beiträge, die sanft aber eindringlich ein musikalisches Ausgangsthema melodisch weiterentwickeln.
Dredgs neues Album changiert von melodisch konzentriertem Pop bis zu epischen Auswüchsen und fängt die vielen künstlerischen Obsessionen der Band ein. Auch wenn tiefgreifende Widersprüche bereits das bisherige Schaffen der US-Rocker kennzeichnen, hätte mehr Stringenz dem Album nicht geschadet. Der stete Wandel, einmal in den experimentellen Pop-Songs selbst, aber vor allem von diesen zu den Instrumental-Stücken und dem zerteilten "Stamps Of Origin", wirkt etwas zusammenhangslos. Mangelnde kompositorische Vielfalt, lyrische Tiefe und Unkreativität kann man Dredg hingegen nicht vorwerfen. Vor allem haben sie es geschafft, trotz massenkompatibler Elemente, kein Mainstream-Album abzuliefern.
Kai-Uwe Weser weniger
Pariah4:08
Drunk Slide1:28
Ireland3:42
Stamp Of Origin: Pessimistic0:50
Light Switch3:31… mehr
Gathering Pebbles4:59
Information5:45
Stamp Of Origin: Ocean Meets Bay0:31
Saviour3:57
R U O K?2:12
I Don't Know3:45
Mourning This Morning5:42
Stamp Of Origin: Take A Look Around0:59
Long Days And Vague Clues1:53
Cartoon Showroom4:19
Quotes6:05
Down To The Cellar3:41
Stamp Of Origin: Horizon2:21 weniger