Augusta, Alice, Angelica: drei Frauen aus drei Generationen. Die Zeit trennt sie, doch Augustas Haus ist ihr gemeinsamer Nenner. Hier baut sich das Mädchen Augusta, das Ende des 19. Jahrhunderts mit nichts als einem unehelichen Baby im Bauch in den kleinen Ort Herräng kommt, eine scheinbar bürgerliche Existenz auf. Hier findet ihre Enkelin Alice in den 50er-Jahren Zuflucht, als ihre Eltern die damals 16-Jährige zwingen, ein ebenfalls ungeplantes Kind in aller … mehrHeimlichkeit auszutragen. Und hier nistet sich Augustas Urenkelin Angelica, selbst ein unerwünschtes Kind, ein, als sie nicht mehr weiß, wohin. Und die Wände beginnen zu flüstern, erzählen von den Frauen vor Angelica, ihrem Schicksal, ihren Sehnsüchten. Vielleicht war es ein Versäumnis des Verlages, Augustas verzwickten Stammbaum ans Ende des Romans zu stellen. Wer ihn nicht vorab entdeckt, muss sich jeden einzelnen der wirren Familienzusammenhänge hart erarbeiten. Vielleicht war es aber auch Absicht, denn Familie ist bei Autorin Majgull Axelsson eben nichts Einfaches, kein Hort der Harmonie. Und doch sind die Familienbande unauflöslich. Auch wenn Alice und Angelica immer wieder den Alleingang wagen, sind sie doch wie durch unsichtbare Fäden mit dem Schicksal Augustas verbunden. Wie diese sehnen sie sich nach Selbstständigkeit und wandern nur von einer Abhängigkeit in die nächste. Sie verzehren sich nach Liebe und bezahlen mit ihrem Körper. Sie werden verlassen, um später ihrerseits ihr Kind zu verlassen. Drei Frauen, durch Sehnsucht entstanden, zur Sehnsucht verdammt. In ihrer Heimat Schweden ist die Autorin Majgull Axelsson längst ein Star, bei uns gilt sie seit ihrem Roman Die Aprilhexe zumindest als Geheimtipp für anspruchsvolle Unterhaltung. Ihre Familiengeschichten sind wie lange schwedische Winternächte: dunkel, abgründig, faszinierend. Keine leichte Lektüre, aber vor allem schwer aus der Hand zu legen. --Beate Strobel weniger