Journalist Will Monroe will hoch hinaus. Und er hat alle Chancen dazu, seit er bei der New York Times eine Anstellung fand. Das hat nichts damit zu tun, dass sein Vater ein guter Bekannter des neuen Chefredakteurs ist -- erstmals in der Geschichte des Blattes kein Jude, sondern ein Wiedergeborener Christ. Nein: Monroe hat das Gespür für die richtige Story und zudem das Glück, immer zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Seine Geschichte vom ermordeten Zuhälter, der … mehreiner ihm völlig unbekannten Frau einstmals das Leben rettete, indem er sein Hab und gut verkaufte, schafft es, zum Missfallen der Kollegen, sofort auf die Titelseite. Und auch die Story vom fundamentalistischen Waffenfreak in Montana, der auf die gleiche Art und Weise wie der gerechte Sünder (mit vorheriger Betäubung) getötet wird, ist vielversprechend. Aber dann wird Monroes Frau entführt. Auf der Suche nach ihr gerät der angehende Starjournalist immer mehr in ein religiös motiviertes Geflecht krimineller Energie -- und auf die Spur eines Geheimnisses, das viel mit der jüdischen Kabbala zu tun zu haben scheint. Für Will -- und seine Frau -- beginnt ein Spiel auf Leben und Tod ... Manches in Sam Bournes Die Gerechten scheint etwas weit hergeholt. Warum zum Beispiel die Tat eines verwirrten Sektenangehörigen, ohne Gegenleistung und in vollkommener Anonymität an irgendeinen bedürftigen Kranken ein Organ spenden zu wollen, wie selbstverständlich als gerecht bezeichnet wird, ist wohl eher der literarischen Symmetrie (und dem Titel) denn der Plausibilität geschuldet. Und auch der Einfall, die Frau des Protagonisten entführen zu lassen, fügt dem ohnehin schon dichten Plot ein Element hinzu, dass ihn allzu überfrachtet. Trotzdem: Die Gerechten des jüdischen Sachbuchautors und Journalisten Bourne, der nicht nur sein schriftstellerisches Handwerk versteht, sondern sich auch in der Welt der Redaktionen und Religionen bestens auskennt, ist ein fulminanter, kluger und ausgezeichnet recherchierter Thriller, den man von der ersten bis zur letzten Seite gar nicht anders als verschlingen kann. --Stefan Kellerer weniger